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ArbG Düsseldorf: Konkretisierung des Sachverhalts im Rahmen einer Abmahnung

ArbG Düsseldorf, Urt. v. 12.01.2024 – 7 Ca 1347/23

Der Praxishinweis für Arbeitgeber

Konkret benennen, wer was wann getan hat: Der Sachverhalt muss so detailliert dargestellt werden, dass der Arbeitnehmer den Vorwurf nachvollziehen und sich verteidigen kann. Dazu gehört auch die Nennung aller beteiligten Personen, insbesondere von Zeugen.

Anonyme Vorwürfe sind problematisch: Wenn sich der Arbeitgeber auf Aussagen Dritter stützt, muss er diese im Abmahnungsschreiben offenlegen – selbst wenn dies zu internen Konflikten führen kann. Ein bloßes „Quellenschutz“-Argument genügt nicht.

Keine pauschalen Rügen: Allgemeine oder vage Formulierungen („unangemessenes Verhalten“, „nicht tragbares Verhalten“) genügen nicht. Es muss klar sein, welches Verhalten konkret beanstandet wird und weshalb es eine Pflichtverletzung darstellt.

Der Fall

Der Kläger, ein Sachbearbeiter im Asylverfahrenssekretariat einer Bundesbehörde, erhielt im Februar 2023 eine Abmahnung wegen angeblich beleidigender und unangemessener Äußerungen gegenüber Asylbewerbern und Kollegen. Konkret soll er afghanische Geflüchtete als „Staatsverräter“ bezeichnet, eine Kollegin als „Kopftuch-Tussi“ diffamiert und im Vorfeld einer Weihnachtsfeier Gewaltfantasien („Blendgranate in die Räumlichkeiten werfen“) geäußert haben. Die Vorwürfe basierten auf Aussagen namentlich bekannter Kolleg:innen, die sich jedoch anonym an die Vorgesetzten gewandt hatten. Trotz Bestreitens durch den Kläger und fehlender Nennung der Zeugen in der Abmahnung, hielt die Behörde an dieser fest. Der Kläger erhob daraufhin Klage auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte.

Die Entscheidung

Das Gericht stellte klar: Eine Abmahnung muss sowohl das beanstandete Verhalten als auch die beteiligten Personen so konkret benennen, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, den Vorwurf sachgerecht zu prüfen und sich zu verteidigen. Das Weglassen der Namen der Zeugen – obwohl diese dem Arbeitgeber bekannt waren – verletzt dieses Konkretisierungserfordernis. Die pauschale Bezugnahme auf „Mitarbeitende“ sei unzulässig. Auch das Argument, man wolle die Zeugen schützen, ließ das Gericht nicht gelten: Ein Arbeitgeber, der auf anonyme Aussagen eine Abmahnung stützt, muss den daraus resultierenden Konflikt mit dem betroffenen Arbeitnehmer in Kauf nehmen. Das Gericht betonte, dass eine nicht hinreichend bestimmte Abmahnung unzulässig sei – unabhängig davon, ob das Verhalten tatsächlich vorlag oder nicht. Die Abmahnung erfülle daher weder die Warn- noch die Dokumentationsfunktion und müsse entfernt werden

Fazit

Das Urteil verdeutlicht, dass Abmahnungen kein Mittel zur informellen Personalsteuerung oder Stimmungskorrektur sind. Sie unterliegen strengen rechtlichen Anforderungen, die – bei Missachtung – zu ihrer vollständigen Unwirksamkeit führen. Arbeitgeber sollten daher mit äußerster Sorgfalt und Transparenz vorgehen, insbesondere im öffentlichen Dienst, wo Neutralität und Rechtsstaatlichkeit besondere Bedeutung haben.