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LAG Köln: Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung bei Stellenbewerbung

LAG Köln, Urt. v. 20.06.2024 – 6 Sa 632/23

Der Praxishinweis für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer sind bei Diskriminierung oder Mobbing am Arbeitsplatz – oder gar in der Zeit vor dem Antritt – gesetzlich geschützt. Die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind dabei Dreh- und Angelpunkt einer unter Umständen zu erhebenden Klage. Dabei kann der Arbeitnehmer entweder Schadensersatz einklagen oder eine Entschädigungsleistung fordern. Diese kann bis zu 3 Monatsgehälter betragen, bei Stellenbewerbungen wird der erwartete Bruttomonatslohn zu Grunde gelegt. Wichtig dabei zu wissen: Arbeitnehmer können von einer sog. Beweiserleichterung profitieren. So muss dieser lediglich die Umstände darlegen, aus denen sich eine Diskriminierung ergeben kann (z.B. eine Aussage des Arbeitgebers im Bewerbungsgespräch oder die Nichtberücksichtigung bei einer Stellenbesetzung). Der Arbeitgeber hat sodann zu beweisen, dass keine Diskriminierung beabsichtigt war. Aber nicht jede Situation oder Reaktion des Arbeitgebers stellt automatisch ein Indiz für eine Benachteiligung dar. Vielmehr müssen die Anhaltspunkte substantiiert sein und zumindest den Anschein einer Diskriminierung erwecken, wie der nachfolgende Fall verdeutlicht.

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Der Fall

Der Arbeitgeber suchte per Stellenausschreibung einen Managementtrainer mit Vertriebsverantwortung (m/w/d). Vorausgesetzt wurden u.a. „Erste Erfahrungen in Führungspositionen“. Der Arbeitnehmer, zum Zeitpunkt der Bewerbung 56 Jahre alt, bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Per E-Mail teilte der Arbeitgeber diesem ca. zwei Wochen nach Eingang der Bewerbung mit, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt werden könnte. Der Arbeitnehmer bat sodann um eine Begründung der ablehnenden Entscheidung. Auch nach wiederholter Erinnerung teilte der Arbeitgeber die Begründung für die Ablehnung nicht mit. Durch das Linkedin-Profil konnte der Arbeitnehmer verfolgen, dass die Stellenanzeige abgeschaltet und kurz darauf erneut ausgeschrieben wurde. Darauf hin klagte der Arbeitnehmer die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von EUR 10.500,00 bei dem Arbeitsgericht Bonn ein. Zur Begründung führte der Arbeitnehmer an, dass er für die Stelle aufgrund seines Alters nicht in Betracht gezogen wurde. Die Formulierung in der Stellenausschreibung stelle eine unmittelbare Altersdiskriminierung dar, da der Arbeitgeber durch die gewählte Formulierung eines Alterskorridor vorgegeben habe, der zu einer starken Verengung des Bewerberpools geführt hätte. Der Arbeitgeber wandte ein, dass es sich bei der Neuausschreibung lediglich um eine Verlängerung der bezahlten Stellenausschreibung gehandelt habe. Die Formulierung „Erste Erfahrungen in Führungspositionen“ knüpfe nicht einmal mittelbar an das Alter, sondern lediglich an die Berufserfahrung des Bewerbers, an. Die Stelle sei bis zum Kammertermin in erster Instanz unbesetzt geblieben.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch mit der Berufung hatte der Kläger keinen Erfolg.

Als Begründung führte das LAG aus, dass die Ablehnung der Bewerbung zwar eine benachteiligende Maßnahme des Arbeitgebers dargestellt habe. Es seien aber keine Tatsachen ersichtlich, aus denen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könnte, dass im Motivbündel des Arbeitgebers ein sog. verpöntes Merkmal, als ein nach nach §§ 17 AGG verbotenes Differenzierungskriterium, hier insbesondere das Alter, eine Rolle gespielt hätte. Die bloße Gleichzeitigkeit eines verpönten Merkmals mit einer nachteiligen Behandlung stellt noch kein Indiz im Sinne von § 22 AGG dar. Der Arbeitnehmer muss weitere Anhaltspunkte durch den Vortrag von (Hilfs-)Tatsachen liefern, die auf eine Diskriminierung schließen lassen, also auf eine Benachteiligung, die auf einem verpönten Merkmal beruht. Auch die 100%ige Eignung für eine Stelle ist ebenso kein Indiz dafür, dass eine Ablehnung grundsätzlich diskriminierend ist.