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LAG Düsseldorf: Bewertung von Notdiensten eines Kundendiensttechnikers als Rufbereitschaft

LAG Düsseldorf, Urteil vom 16. April 2024, 3 SLa 10/24

Der Praxishinweis für Arbeitgeber

Arbeitgeber müssen auf die konkrete Gestaltung von Notdiensten oder sonstigen Tätigkeit auf Abruf außerhalb der regulären Arbeitszeit achten, um eine Vergütungspflicht auch für die Ruhezeiten umgehen zu können. Insbesondere Rufbereitschaftszeiten, bei denen der Arbeitnehmer nicht an seinem Arbeitsplatz bleiben muss, sind insgesamt als Arbeitszeit einzustufen, wenn dem Arbeitnehmer Einschränkungen auferlegt werden, die ihn bei objektiver Betrachtung ganz erheblich darin beeinträchtigen, die Zeit, in der seine beruflichen Leistungen in Anspruch genommen werden können, frei gestalten und sich eigenen Interessen widmen zu können. Erreichen dagegen die dem Arbeitnehmer während einer bestimmten Bereitschaftszeit auferlegten Einschränkungen nicht diesen Intensitätsgrad und erlauben sie es ihm, über seine Zeit zu verfügen und sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen, stellen nur die Zeiten tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung Arbeitszeit dar und im Übrigen liegt dann Ruhezeit vor (BAG, Urteil vom 27.07.2021 – 9 AZR 448/20).

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Der Fall

Der Arbeitnehmer (Kläger) war bei seiner Arbeitgeberin (Beklagte) als Kundendiensttechniker bzw. Elektroniker beschäftigt. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses übernahm der Kläger Notdienstwochen. Diese beinhalteten, dass er außerhalb seiner regulären Arbeitszeiten ein Diensttelefon gestellt bekam, auf dem Kunden außerhalb der Öffnungszeiten in Notfällen den Kundendienst erreichen konnten. Der Kläger war verpflichtet, während dieser Notdienstzeiten sicherzustellen, dass er im Falle eines Anrufs diesen auch entgegennehmen und seine Arbeit innerhalb einer Stunde bei der Beklagten aufnehmen konnte. Insgesamt nahm der Kläger an 10 Notdienstwochen (1.260 Stunden) teil, bei denen er an insgesamt 8,5 Stunden aktiv beschäftigt wurde. Zusätzlich zu seinem regulären Stundenlohn für die tatsächlich geleistete Arbeit erhielt der Kläger eine Notdienstpauschale von EUR 50 netto pro Woche. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Vergütung der gesamten Notdienstzeiten und nicht nur der tatsächlich geleisteten Stunden. Als Begründung trug er vor, dass es sich hierbei nicht um eine Rufbereitschaft, sondern um Bereitschaftsdienst gehandelt hatte. Er habe sicherstellen müssen, dass er innerhalb einer Stunde an jedem möglichen Einsatzort in Mönchengladbach seine Tätigkeit aufnehmen könne.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch mit der Berufung hatte der Kläger keinen Erfolg.

Als Begründung führte das LAG aus, dass es sich bei den Notdiensten entgegen der Ansicht des Klägers nicht um Bereitschaftsdienste, sondern um Rufbereitschaft gehandelt habe, die nicht wie aktive Arbeitszeit zu vergüten ist. Das Modell der Beklagten habe dem Kläger erlaubt, über seine Zeit zu verfügen und sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen. Daher sei lediglich die aktive Arbeitszeit zu vergüten gewesen, im Übrigen habe es sich um Ruhezeit gehandelt. Da der Kläger regelmäßig lediglich 30 Minuten von seinem Wohnsitz zum Sitz der Beklagten benötigte, sei die Reaktionszeit von einer Stunde angemessen. Zudem sei der Kläger an insgesamt 10 Notdiensten lediglich an 8,5 Stunden tatsächlich zur Arbeit herangezogen worden, sodass die inaktive Phase weit länger dauerte als die aktive Phase. Auch dieser Umstand legt nahe, dass der Kläger seine Zeit während der Rufbereitschaft selbst bestimmen und im Wesentlichen frei gestalten konnte.